Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Veränderungsbereitschaft:
Zum Einen die — weit verbreitete — Variante: Es wird erkannt, dass Veränderungsnotwendigkeit – im Sinne von: über das „normale Maß hinaus“ – besteht, z. B. weil sich Märkte, Kunden, Produkte oder Rahmenbedingungen sehr schnell und umfassend verändern („Disruption“). Hier ist das Unternehmen gezwungen zu reagieren, sich neu auszurichten und auf Wandel einzustellen. Das heißt alle oder zumindest ein Teil der Führungskräfte/ Mitarbeiter müssen etwas tun, das über ihren gewöhnlichen Arbeitsbeitrag hinausgeht, damit das Unternehmen weiter erfolgreich existieren kann.
Zwischenspurt zum Vertrauten
Die Motivation ist: „erfolgreich existieren“. Bei dieser Variante ist das Mindset zu beobachten: „So, wie es früher war, soll es schnell wieder werden“. Nach den notwenigen Veränderungen wünscht man sich die Rückkehr zur Routine, zu altbekannten Verfahren und Prozessen. Dieses Mindset ist tief im Menschen verankert: die Sehnsucht, das Bekannte, das Vertraute, zu archivieren, zu erhalten und zu bewahren. Ausnahmesituationen haben die Funktion etwa des Zwischenspurts eines Radsportlers bei der Tour de France: mit dem Zwischenspurt gelangt man wieder in eine wettbewerbsfähige Position – oder auch in einen Vorsprung — aber es ist eben ein Zwischenspurt. Danach geht der Fahrer wieder in das gewohnte, antrainierte Tempo über. Viele Menschen sind bereit, einen Zwischenspurt einzulegen, um alsbald aber wieder möglichst viel vom Vertrauten genießen zu dürfen.
Fortwährender Veränderungsprozess
Zum Anderen, und das ist die zweite Variante, setzt man auf einer Vorgehensweise und einem Mindset an, die durch einen Eintritt in einen fortwährenden Veränderungsprozess gekennzeichnet ist: Die laufende Auseinandersetzung mit der Frage, was geschehen muss, um Kunden und Märkte auch morgen und übermorgen und an allen folgenden Tagen erfolgreich zufrieden zu stellen, Regularien und Gesetzesänderungen zu antizipieren und dabei das Unternehmen erfolgreich zu führen.
Diese ständige Anforderung, sich zu verändern, immer wieder zu hinterfragen, was wie zu tun ist, und die Bereitschaft, die erst gestern gefundene Antwort oder Lösung schonungslos immer wieder aufs Neue zu stellen, ist für die meisten Mitarbeitenden diametral entgegengesetzt zu der Situation, die sie sich in ihrem Unternehmen wünschen (vgl. dazu Mänz: „Das endemische System“): Der Wunsch nach möglichst stabilen Zuständen ist ein Basis-Bedürfnis von Menschen. Ein Zustand, der ein System oder eine Organisation nachhaltig lähmen und unbeweglich machen kann.
Voraussetzungen schaffen
Jedes Unterfangen, das die Menschen in einer Organisation dazu bringt, sich auf einen – im oben genannten Sinne – ständigen Veränderungsprozess einzulassen und darüber hinaus die Bereitschaft zu entwickeln, daran mitzuwirken, ist die wesentliche Herausforderung in jedem Veränderungsprozess.
Methoden und Instrumente wie Hoshin Kanri, TQM, KVP, Führungskräfte- und Organisationsentwicklungsprogramme etc. können hierzu wichtige, aber lediglich punktuelle Beiträge leisten.